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Instagram – mehr als schöne Bilder

Für eine digitale Kommunikationsinfrastruktur und wie Instagram dabei helfen kann.

Der Corona-Lockdown hat eine Sache sehr deutlich gezeigt: Arbeitskonzepte, die ausschließlich auf Vor-Ort-Kommunikation basierten, haben es kaum geschafft, ihre Zielgruppe zu erreichen. Das Vertrauen auf etablierte Strukturen war in den letzten Jahren so groß, dass das Potenzial von digitalen Kanälen meist nur unter dem Aspekt Datenschutz behandelt worden ist. Dabei bieten gerade diese Kanäle eine Zukunftsperspektive für die Arbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen über die Vor-Ort-Gemeinde hinweg.

Jetzt handeln

Die Jugendarbeit wird sich in den nächsten Jahren massiv, in Folge der zu erwartenden Sparmaßnahmen verändern. Räume, Geräte, Anschaffungen, werden wahrscheinlich im aktuellen Umfang nicht zu halten sein. Es ist notwendig, die aktuellen Strukturen, die viel zu oft noch auf einer „Wir sind hier, du kannst ja vorbeikommen“ Struktur besteht, zu reformieren.

Nur damit es auch einmal ganz klar in diesem Text steht: Ich habe nichts gegen diese klassische Form der Jugendarbeit. Sie hat ja auch mich geformt. Ich möchte nur deutlich sagen: Wenn es keine Jugendlichen mehr gibt, die von ihrer guten Arbeit wissen, bringt auch die gute Arbeit nichts mehr.

Der Nachteil dieser Struktur liegt klar auf der Hand: Um zu etwas zu kommen, muss a) wissen, dass es existiert und b) überzeugt davon sein, dass es gut für mich ist. Klassischerweise erfolgte dieser Erstkontakt über die Gemeinde und die Arbeit mit Konfirmand*innen bzw. Firmlingen. Doch die Jugend der Kirche ist immer seltener in der Gemeinde. Und die Jugendlichen, die dort erreicht werden, bilden nur ein Bruchteil des Potenzials ab, von denen, die erreicht werden können.

Es gilt auch hier: Das Wachstumspotential von Kirche ist nicht binnenkirchlich. Und wenn Sie eine vitale und wachsende Jugendarbeit wollen, dann müssen Sie in Außenwahrnehmung (mindestens) Zeit investieren.

Digital und öffentlich kommunizieren

Es ist wohl kein Geheimnis: Der Mensch von heute ist online. Dafür mitverantwortlich sind die sozialen Netzwerke. Diese machten aus dem Internet, als Ort von Informationen, ein Knotenpunkt für Beziehungspflege. Die drei größten Social Media Plattformen sind Facebook, WhatsApp und Instagram. 

Facebook ist aufgrund der Altersstruktur für die Jugendarbeit weitgehend uninteressant – einzig wenn Du gegenüber dem Presbyterium Deine Arbeit rechtfertigen willst, lohnt sich eine Facebookseite. WhatsApp oder andere Messengerdienste bieten eine Möglichkeit zur unkomplizierten nicht-öffentlichen Kommunikation, bieten aber keine Möglichkeit neue Personen zu erschließen. Damit ist es ein gutes Mittel für interne, aber ungeeignet für öffentliche Kommunikation.

Instagram das etablierteste und einflussreichste Medium, um mit jungen Menschen in Kontakt zu kommen. Es bietet nach der Auswertung der ARD ZDF Onlinestudie 2019 die höchste Nutzungssteigerung und wird vor allem von unter 30-Jährigen genutzt. Dabei ist der Vorteil gegenüber anderen jungen sozialen Netzwerken, wie zum Beispiel TikTok, dass die Einstiegshürde (Bilder + Text) gering ist. Aus diesem Grund ist Instagram aktuell the place to be.

Ein Account – 4 Formate

Instagram besteht längst nicht mehr nur aus schönen Essensbildern, sondern hat sich in seinem zehnjährigen bestehen, zu einer Plattform mit verschiedenen Formaten entwickelt. So bietet ein Instagram Account vier verschiedene Formate, um sich mit dem eigenen Content zu präsentieren.

Der Klassiker bildet der Bilder-Feed. Dies sind die Bilder, die auch im Account selber aufgeführt sind. Früher waren ausschließlich quadratische Bilder zugelassen – mittlerweile sind jedoch auch Hochkant und Querformate möglich. Die Bilder bleiben sichtbar bis sie gelöscht werden. Der Bilder-Feed bei des Users* ist durch einen Algorithmus bestimmt. Das bedeutet, dass die Reihenfolge und Auswahl, welche Bilder gezeigt werden auf Grundlage der vorangegangen Interaktionen und Interessen durch Instagram automatisch kuratiert.

Die Story sind Fotos oder Videos (max. 15 Sekunden) im Hochformat, die nur für 24 Stunden sichtbar sind und durch Musik, Filter und Interaktionswidgets wie Quiz oder Umfragen aufgewertet werden können. Hat ein User* eine Story in seinen Account hochgeladen, wird dies durch einen leuchtenden Kreis um sein*ihr Profilbild symbolisiert. Mit Klick auf das Profilbild sieht man die Stories. Die Stories selber sind chronologisch angeordnet. Die Reihenfolge der Accounts, von denen Du die Stories siehst, wird ebenfalls von einem Algorithmus bestimmt.

Während Du im Bilder Feed nur 30-sekündige Videos hochladen kannst, bietet Dir IGTV die Möglichkeit Videos mit bis zu zehn Minuten Länge hochzuladen. Zwar wird auch Querformat unterstützt, es empfiehlt sich aber, entsprechend der Sehgewohnheiten der Plattform, in Hochkant zu produzieren. Die IGTV Videos können als Vorschau im Bilder Feed und in der Story gepostet werden. Die vollen Videos finden sich in einem extra Reiter im Profil

Das neuste Instagram Format ist Reels. Dabei handelt es sich um 15-sekündige Videos, die während der Aufnahme pausiert werden können, sodass Raum für kreative Videoeffekte entsteht. Reels sind sehr nah am TikTok Format.

Wie fange ich an?

Für den Anfang solltest Du Dich auf einem durchdachten Bilder-Feed und aktuellen, auch mal unperfekten, Storyformat, konzentrieren. Bei all Deinen Postings solltest Du zwei Grundsätze beachten:

Provide value first. Keiner sucht etwas, dass ihm ein Problem löst, sondern man* sucht direkt die Problemlösung. In Deinem Fall bedeutet das: Die Jugendliche wollen nicht, dass Du ihnen einen Ort nennst, an denen sie etwas machen können, sondern sie wollen unmittelbar von Deinem Content angeregt werden etwas zu machen. Zeig ihnen mit Deinem Content, dass Du Deine Sache gut kannst! Dann besteht eine größere Wahrscheinlichkeit, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt auf Dich und Deine Kompetenzen in Form von direkter Ansprache oder wahrnehmen von Angeboten, zurückkommen.

Schaffe Touch-Points und Interaktion. Je öfter Menschen mit Deinen Themen und Deinem Account interagieren, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie Dich als wertig betrachten. Schaffe dafür ehrliche Interaktionsmöglichkeiten. Instagram als Plattform bietet eine Menge Möglichkeiten mit Deinen Follower*innen zu interagieren. Zum Beispiel über Quiz, Fragen oder Musiksticker. Des Weiteren kannst Du Sie auch mit Challenges zur Aktion auffordern.

Fang an. Lieber heute als morgen.

Ich könnte Dir jetzt noch etwas darüber schreiben, welchen Sinn und Zweck die Nutzung von Hashtags haben und wie Du mit gezielt gewählten Hashtags über lokale Gruppen ansprechen kannst. Aber viel wichtiger als das ist: Fang einfach an! Schaff Dir und Deiner Arbeit eine Infrastruktur, die es ermöglicht unabhängig von physischer Struktur wertige Jugendarbeit anzubieten.

Wenn Du an einer Stelle nicht weiter weißt, werden Dir die Jugendlichen in Deiner Nähe sicher gerne helfen und Dich unterstützen. Und auch den Account zeitweise von Jugendlichen betreuen zu lassen, kann Teil der Arbeit sein.

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