Was die Kirche von „funk“ lernen kann.

Am 18. November 2016 war es endlich soweit: Das Gaming-TV Format GAME ONE, von und mit den alten GIGA-Nasen Buddy, Etienne, (Arne) und Niels, kam als GAME TWO zurück. Die einst 15 Minuten lange (aufgezeichnete) Sendung rund um den Games- und Nerdkosmos, wurde Ende 2015 recht abrupt von Viacom, dem Mutterkonzern von MTV, abgesetzt. Als Reaktion gründete das Team den privaten Internetsender Rocketbeans TV, der nun mit GAME TWO sein altes Format als einstündige live Sendung zurück erhält. Möglich ist dies durch das am 1. Oktober 2016 gestartete Online-Medienangebot „funk“ der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.

Vom Fernsehsender zum Content-Netzwerk

So sehr ich mich über die Rückkehr von GAME TWO gefreut habe, so sehr hat mich das Konzept von funk ins Grübeln gebracht. War es bislang so, dass die Produktionsfirma für die Produktion des Inhaltes und die Rundfunkanstalten für deren Verbreitung verantwortlich waren, ist bei funk auch die Verbreitung des Inhaltes in der Verantwortung der Produzierenden. Nicht funk entscheidet über den Sendetermin, sondern der/die Contentersteller*in.

Das liegt vor allem daran, dass sich „funk“ nicht als Fernsehsender, sondern als  „das Content-Netzwerk von ARD und ZDF“[1]https://www.funk.net/, zuletzt abgerufen am 6. Januar 2017 sieht. funk ist eben „kein Fernsehsender“[2]Ebd. und geht damit einen eigenen Weg in der Contentvermarktung.

funk sieht seinen Sinn und Zweck eben nicht in der Bestückung eines linearen Kanals, sondern vor allem in der effektiven Umsetzung ihres Auftrages: ein gutes Informations-, Kultur- und Unterhaltungsprogramm für eine Zielgruppe zwischen 14 und 29 Jahren zu gestalten. funk hat erkannt, dass diese Zielgruppe eben nicht mit einem Angebot an einem Ort, sprich einem Fernsehsender, zu erreichen ist, sondern durch das Verbreiten der Inhalte an Orten, an denen sich diese Zielgruppe auch bewegt: Also direkt bei Facebook, YouTube, SnapChat und eben auch auf dem eigenen TV-Sender der RocketBeans.

Möglich wurde dieser Schritt, weil sich ARD und ZDF auf ihren eigentlichen Auftrag – die Produktion von (im Sinne des Bildungsauftrages) – gutem Content und nicht zwangsläufig deren Vermittlung besann.

… und was die Kirche im Hinblick auf Verkündigung davon lernen kann.

Ich sehe in diesem Schritt vom linearen Fernsehsender hin zu einem Content-Netzwerk einen innovativen Ansatz, der auch für die inhaltliche Arbeit der Kirchen sinnvoll sein könnte.

Stellen Sie sich vor, dass die Bausubstanz Kirche der Fernsehsender ist. Seit mehreren Jahren gibt es dort das feste Programm (zum Beispiel sonntags um 10 Uhr Messfeier, 18 Uhr am Samstag Vorabendmesse, freitags 16 Uhr Rosenkranz). Alle Menschen sind herzlich eingeladen, sich in tätiger Teilnahme diesem Programm beizuwohnen (quasi einzuschalten). Genau wie beim linearen Fernsehprogramm lässt sich auch beim kirchlichen Wochenablauf feststellen, dass die Bedürfnisse der Menschen immer mehr zu einem on demand Verhalten tendieren. Eine Abkehr von linearen Abläufen ist nicht zwingend eine Abkehr von den vermittelten Inhalten, sondern viel mehr Ausdruck einer Gesellschaft, die unter Zeitdruck lebt. Nun lässt sich natürlich argumentieren, dass gerade die Kirche und die Gottesdienstzeiten gerade gegen diesen Zeitdruck stehen und für einen Freiraum plädieren. Praktisch heißt dies jedoch, dass die Form (also die Uhrzeit und die unflexible Programmplanung) daran hindert, den Inhalt wahrzunehmen.

Neben der Frage der Zeit zeigt die Umstellung bei funk auch, dass die Frage nach dem Raum entscheidend ist. funk verfolgt im Vertrieb eine – dem wahrsten Sinne des Wortes – multimediale Strategie. So gibt es unter anderem Podcasts, Snapschat Shows, YouTube-Videos und Livestreams. Jeder digitale Kanal wird bedient. Der Wandel hin zu einem Content-Netzwerk gibt der Frage nach dem Medium wieder eine neue Bedeutung.

Zum einen wird das Medium wieder genau das, was es sein sollte: Ein Mittel zum Zweck, um etwas möglichst gut zu transportieren. Zum anderen ist die Frage nach der Wahl des Mediums wieder eine bewusste Frage, die sich an den gewünschten Effekten orientiert und nicht zwangsläufig auf das Gegebene setzt. Genauso wäre es, aus meiner Perspektive, auch für kirchliche Angebote und Aktionen sinnvoll nicht, weil man den Kirchengebäudekomplex eh hat, auf das Gegebene zu setzen, sondern durchaus auch andere Orte zu nutzen. Eben nach dem Kriterium was dem Inhalt dient und nicht nach Bequemlichkeit.

Ein letzter Punkt, in dem meiner Meinung nach die Kirche von den Entwicklungen bei funk lernen kann, ist die Hinwendung zu einem Netzwerk von verschiedenen Produzenten, die in Eigenständigkeit arbeiten. Die Dezentralisierung der Angebote entspricht der Netzwerklogik, die zum Beispiel die Synode von Trier einfordert. [3]vgl. http://www.bistum-trier.de/heraus-gerufen/ Um dies zu fördern, gilt es, private Initiativen (oder kirchlich gesprochen: Laienengagement) zu fördern und zwar nicht nur mit warmen Worten, sondern eben auch mit finanziellen Mitteln, wie zum Beispiel Innovationspreise, Materialkostenerstattung oder Anschubsfinanzierungen.

Für die Kirche würde der Perspektivwechsel dann heißen: Weg von einer eindimensionalen, auf die Pfarrei und ihre Angebote zentrierte Verkündigung, hin zu einem Netzwerk von engagierten Initiativen, Vereinen und Verbänden.

References

References
1 https://www.funk.net/, zuletzt abgerufen am 6. Januar 2017
2 Ebd.
3 vgl. http://www.bistum-trier.de/heraus-gerufen/

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