tl;dr: Mach’ Dir mehr Gedanken über die Kommunikation Deiner Inhalte und scheu’ Dich nicht, dafür auch auf Marketing-Methoden zurückzugreifen! 🙌 Am Ende dieses Artikels findest Du einen Fragekatalog, der Dir dabei hilft, Deine Inhalte bewusster zu kommunizieren.
Jeden Tag reden Menschen in Medien über Glaube und Kirche – mal gut, mal schlecht, mal sehr durchmischt. Kirche kann also nicht vermeiden, in Medien vorzukommen; sie “passiert” dort einfach – ob sie will oder nicht.
Da ist die Berichterstattung über Kirche als Institution mit Gremien und Funktionsträger:innen. Einzelpersonen, die Glaubenserfahrungen (auch mit Kirche) in den Medien machen oder in Medien darüber sprechen. Es gibt säkulare Medien und Medien, die speziell kirchlich oder kirchennah sind. Da ist auch die offizielle Pressearbeit, die im Namen von kirchlichen Institutionen bzw. Organisationseinheiten nach außen kommuniziert. Und dann gibt es da ja auch noch die vielen kirchlichen Mitarbeitenden mit unterschiedlichen Professionen und mehr oder weniger Leitungsverantwortung, die – mehr oder weniger bewusst – im Rahmen ihrer Aufgaben oder zusätzlich zu ihren Angeboten über Medien Inhalte zu bzw. über Kirche und Glaube kommunizieren.
Vier Beobachtungen zu Kirche und Kommunikation
Mein Eindruck ist, dass sich speziell in dieser letzten Gruppe, die den Fokus berechtigterweise auf Inhalte legt, über Kommunikation insgesamt viel zu wenig Gedanken gemacht wird und auch zu wenig Ressourcen dafür verwendet werden. Das mache ich an vier konkreten Beobachtungen fest:
Kirche kommuniziert nicht nach aktuellen “Spielregeln”.
Die Digitalisierung ist einer der gesamtgesellschaftlich prägendsten Transformationsprozesse unserer Zeit. Nicht nur, dass alles schneller oder technischer geworden ist; die zwischenmenschliche Kommunikation insgesamt – also auch ohne technische Medien – hat sich dadurch verändert. Es haben sich neue “Spielregeln” für Kommunikation etabliert, die sich an die Gewohnheiten angepasst haben.
Das Problem ist an dieser Stelle, dass Kirche noch zu oft als Sonderfall wahrgenommen wird, den diese “neuen Regeln” scheinbar nicht betreffen. Dabei ist die Wunschvorstellung vorherrschend, dass alles (auch die Kommunikation) einfach so bleiben kann, wie es schon immer war. Stattdessen ist es aber so, dass alle, die in diesen Zeiten etwas zu sagen haben (und wollen, dass ihre Kommunikation bei anderen ankommt), sich an diese neuen Regeln halten müssen – auch Kirche. Also muss auch Kirche (wenn sie sein möchte, wo die Menschen sind) auf neuen Medien präsent sein und sich an die dort etablierten ästhetischen und kommunikativen Gepflogenheiten anpassen. Die größten Herausforderungen an Kommunikation in einer digitalisierten Welt sind übrigens Aufmerksamkeit zu generieren, Inhalte verfügbar zu machen und auf immer individuellere Bedürfnisse einzugehen.
Der christliche Glaube hat Konkurrenz bekommen, aber das möchte Kirche nicht wahrhaben.
Hinzu kommt, dass Kirche in vielen Zusammenhängen noch so kommuniziert, als hätte sie keine Konkurrenz. Damit meine ich, dass an vielen Stellen (vor allem auf Ebene der Pfarreien) offenbar davon ausgegangen wird, dass man das, was angeboten wird, woanders eben nicht bekommen kann. Tatsache ist jedoch, dass wir in Zeiten leben, in denen nicht nur die religiöse Landschaft in Deutschland deutlich vielfältiger geworden ist, sondern auch immer mehr Unternehmen mit finanziellem Interesse das Themenfeld Spiritualität und Achtsamkeit beackern. Und die wissen ganz genau, wer die Konkurrenz ist und was sie verkaufen wollen.
Die Botschaften von Kirche sind unklar bzw. unverständlich.
Ein weiterer Trugschluss ist, dass die meisten Menschen sowieso schon wüssten, was genau Kirche macht und anbietet. Deshalb wird viel zu oft einfach nur abgewartet, ganz unter dem Motto: “Die Leute wissen doch, dass wir hier sind.” Das ist aber eben nicht immer der Fall.
Zu häufig bleibt unklar bzw. unverständlich, was Kirche eigentlich macht und wofür sie steht. Das liegt unter anderem daran, dass sich in kirchlichen Kontexten oft hinter theologischen Formeln und Floskeln versteckt wird. Zur kirchlichen Sprache haben sich andere (u.a. Erik Flügge sowie Jan Feddersen und Philipp Gessler) bereits ausführlich geäußert, weshalb ich das an dieser Stelle bei der Benennung als Problemfeld belassen möchte.
Eigentlich ist das Problem nämlich noch viel tiefgreifender: Oft weiß nicht mal der Inner Circle, also die Hochverbundenen, ganz genau, was kirchliche Floskeln und theologische Begriffe bedeuten. Und das ist kommunikativ ein echtes Problem. Denn wenn auch intern niemand weiß, was die Botschaft ist, bzw. wir uns schon innerhalb von Kirche nicht auf klare Botschaften verständigen können, wie sollen das dann andere verstehen? Oder wie ist es zu erklären, dass solche Aushandlungsprozesse (zumindest auf Seiten der evangelischen Kirchen) auch irgendwie Teil der Identität sind? Was ist dann das Gemeinsame, worauf sich alle einigen können? Und das jetzt nochmal, ohne irgendwelche Floskeln zu verwenden?
Kirchliche Kommunikation kommt nicht bei den (interessierten) Menschen an.
Ein weiteres Problem ist, dass noch zu oft davon ausgegangen wird, dass es genügend Menschen gebe, die sich von sich aus für Kirche interessieren und aktiv nach Inhalten suchen – zum Beispiel auf der Homepage einer Kirchengemeinde, in einem Schaukasten oder in einem Gemeindebrief. Dabei stimmt auch das nur in den seltensten Fällen: Viele Menschen interessieren sich schlichtweg nicht (mehr) für das, was die Institution Kirche anzubieten hat und suchen vor allem nicht aktiv nach Informationen – erst recht nicht auf irgendwelchen unübersichtlichen Webseiten oder in seitenlangen theologischen Ausführungen. Pull-Kommunikation funktioniert nicht, wenn es niemanden gibt, der oder die nach Informationen sucht.
Das alles führt dazu, dass kirchliche Kommunikation oft nicht bei den Menschen ankommt – auch dann nicht, wenn es sie inhaltlich (potentiell) interessiert. Und Kommunikation, die ins Leere führt, ergibt gar keinen Sinn.
…und jetzt?
Bevor wir jetzt vor dem riesigen Scherbenhaufen kirchlicher Kommunikation stehen bleiben, den ich gerade zusammengekehrt habe, möchte ich etwas klar stellen: Ich glaube nicht, dass das, was Kirche macht, schlecht ist. Ich glaube nur, dass vieles von dem, was bei und in Kirche passiert, einfach schlecht kommuniziert wird. Der Schlüssel ist, bewusster zu kommunizieren – das bedeutet unter anderem, die Kommunikation von Anfang an mitzudenken, und auch, sich generell mehr Gedanken zu machen, was wann und vor allem wie kommuniziert werden soll.
Marketing verbindet die Bedürfnisse der Zielgruppe mit den eigenen Angeboten. Und genau das ist es, was wir bei Kirche brauchen. Natürlich klingen viele Marketing-Begriffe im Kontext Kirche vielleicht erst einmal komisch, schließlich ist Kirche kein wirtschaftlich denkendes Unternehmen, das materielle Produkte vermarkten, den Absatz steigern und finanzielle Gewinne einfahren möchte. Aber so, wie es der deutsche Begriff “Absatzwirtschaft” suggeriert, ist Marketing auch nicht (mehr): Inzwischen wollen die meisten Unternehmen nämlich eine “echte” und vor allem langfristige Beziehung zu ihren Kund:innen aufbauen und erhalten, indem sie sich aufmerksam um sie kümmern und auf deren Bedürfnisse reagieren. Und wir können aus Marketing-Methoden und -Modellen eine Menge über zielgerichtete Kommunikation lernen.
Kommunikative Maßnahmen sollten auf die Bedürfnisse der eignen Zielgruppe(n) zu reagieren – oder diese zumindest erstmal herausfinden. Außerdem sollten wir uns auch bei Kirche trauen, den Mehrwert unserer Angebote stärker in den Fokus zu rücken und für andere klar zu kommunizieren.
Wenn Du Deine Inhalte bewusster kommunizieren möchtest, solltest Du Dir unter anderem folgende Fragen stellen:
- Was biete ich überhaupt an? Und für wen? Was ist das konkrete Angebot, das ich mache?
- Welchen Mehrwert kann oder will ich besonders herausstellen? Was dürfen Menschen erwarten? Gibt es die Möglichkeit, das Angebot vorher zu testen?
- Wie viel kostet mein Angebot (sowohl sichtbare Kosten, also finanzieller Aufwand für Teilnahme und Weg zum Veranstaltungsort, als auch unsichtbare Kosten, also sonstiger Aufwand, Verzicht auf andere Dinge etc.)? Und: Ist das ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis?
- Wie sieht es mit Konkurrenz aus – zeitlich, räumlich und inhaltlich? Wie ist die Bedürfnislage und das Interesse bei der Zielgruppe?
- Wie bewerbe oder kündige ich das Angebot bei der Zielgruppe sinnvoll an? Welche vorhandenen oder neuen Kommunikationskanäle kann ich dafür gewinnbringend einsetzen?
Lisa Menzel
Interessant!
Gut zusammengefasst.